Im Herzen von Friedrichshain-Kreuzberg flüstert die Stadt Geschichten – auf Asphalt, unter Laternen, zwischen den Stimmen der Nachbar:innen. Das FHXB Museum bewahrt sie: von sozialen Kämpfen, Migration und Industrie, von Menschen, die Spuren hinterlassen. Wir begleiten das Museum, Erinnerungen fühlbar zu machen, Räume zu öffnen, Zeichen zu setzen.
Gedenkzeichen für eine zeitgemäße Erinnerungsarbeit im öffentlichen Raum.
Das FHXB Museum ist ein offenes Fenster zur Stadt, ein bewegtes Gedächtnis voller Geräusche, Gerüche und Geschichten. Hier begegnen sich Stimmen aus Vergangenheit und Gegenwart, Menschen aus allen Himmelsrichtungen.
In diesem Geist gestalten wir Gedenkzeichen für eine zeitgemäße Erinnerungsarbeit im öffentlichen Raum – oft verbunden mit der Auseinandersetzung mit kolonialer und nationalsozialistischer Geschichte. Neben den Stelen entstanden Plakat-Broschüren und Webseiten – im Dialog, im Vertrauen, manchmal im Lachen, manchmal im stillen Nachdenken.
Unsere Arbeit halten: Materialien, Formen, Farben – jedes Detail wird gewählt, damit es spricht, ohne zu schreien, damit es zur Geschichte passt und zur Straße gehört. Jedes Gedenkzeichen, jede Broschüre, jede Webseite soll heute wirken und morgen noch nachklingen können, Geschichten erzählen, die man anfassen möchte – spürbar, kostensensibel, beständig.
Erinnerung an Fontane. Ein Beispiel ist das Gedenkzeichen für Theodor Fontane. In der Tempelhofer Straße 51 – heute Amerika-Gedenkbibliothek – lebte und arbeitete er, zwischen Kerzenlicht und Zeitungspapier. Wir kombinierten Alurahmen und Straßenschilder-Typografie, doch statt Straßennamen finden sich Orte der Mark Brandenburg aus seinem Werk.
Koloniale Geschichte ist keine ferne Erzählung – sie liegt im Pflaster, in den Museumsobjekten, in stillen Räumen der Stadt. Die Gedenkzeichen setzen mit leuchtender Farbigkeit ein Zeichen, das ins Auge springt und ins Herz fällt. Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann beschreibt es so: „Diese Gedenktafel offenbart, dass sich die gewaltsame deutsche Kolonialgeschichte auch direkt im Herzen unseres Bezirks entfaltet hat.“ Sie ruft dazu auf, zu fragen, wer, wie und warum Unrecht geschah – und wie wir heute damit leben. Erinnerung ist Verantwortung, und Verantwortung fühlt sich manchmal an wie das Nachhängen eines Liedes, das man kaum noch aus dem Kopf bekommt.
Geschichten, die bleiben. Eine Reihe von Gedenkstelen verteilt sich wie stille Zeugen im ganzen Bezirk und erinnert an Vergessenes, an Leben, die sich zwischen Häuserwänden und Straßenfluchten entfaltet haben. In der Stresemannstraße 30, einem Haus voller Wandel, lebten in den 1960er- und 70er-Jahren Frauen aus der Türkei, die für Telefunken arbeiteten. Unter ihnen Filiz Taşkin, deren Erinnerungen an das „Wonaym“ – zwischen geteilten Küchen, schmalen Fluren und alltäglichen Ritualen – die Gestaltung der Stele prägten.
In Friedrichshain steht die Schwesterstele an der Frankfurter Allee 71, die an Arbeitsmigration in Ost-Berlin erinnert: Zahlen und Maschinen werden zu Geschichten, zu Menschen, zu Spuren, die noch heute spürbar sind.
Eine weitere Stele ehrt Charlotte Hedwig „Lotte“ Hahm, die in der Weimarer Republik Treffpunkte für Lesben und Trans*-Personen schuf, mutig und beharrlich in einer Zeit, die ihre Subkultur bedrohte. Ihre Arbeit vernetzte, stärkte und gab Raum – selbst im Schatten des Nationalsozialismus gelang es ihr, Begegnungen zu ermöglichen, die Hoffnung und Widerstand zugleich waren.
Moderne Steine für bewegte Stadtlandschaften. Am Schlesischen Tor erinnert der Skulpturenweg „Menschenlandschaft Berlin“ daran, dass die Stadt ihre Geschichten nicht nur in Schrift, sondern auch in Form, Material und Raum erzählt. Zwischen Schlesischer Straße und Spreeufer entstanden 1987 im Rahmen eines Bildhauersymposions Arbeiten von acht Künstlerinnen und Künstlern – Schang Hutter, Louis Niebuhr, Rudolf Valenta, Andreas Frömberg, Azade Köker, Mehmet Aksoy, Leslie Robbins und Andreas Wegner.
Das Ensemble zeigt Berlin als weltoffene Stadt, deren Reichtum aus der Vielfalt der Menschen erwächst, die hierherzogen.
Nun wurden zwei neue von uns gestaltete Gedenkstelen eingeweiht, die den Entstehungsprozess dieses Skulpturen-Ensembles sichtbar machen – wie kleine Fenster in die Vergangenheit, die erzählen, wie die Stadt im Dialog mit ihren Bewohner:innen gewachsen ist.
Das Broschüren-Plakat »Plattenbau lesen« öffnet ein Fenster in die Marchlewskistraße in Friedrichshain. 1984 eingeweiht, schwärmte eine Erstbewohnerin: „Ein Traum. Warmwasser, Zentralheizung.“ Doch hinter jeder Wohnungstür schlummern Geschichten – vom Alltag, von Nachbarschaften, vom Puls der Stadtgesellschaft.
Sonja Lindhauer stellt aus Funden verschiedenster Quellen Zusammenhänge her, die Alltag und Stadtgeschichte verknüpfen. Auf den ersten Blick eine handliche Broschüre, auf den zweiten ein prägnantes Plakat, das die Botschaft auf den Punkt bringt. Gesetzt in Piz Grotesk, gedruckt in Pantone Neon 813 und 567 – so lebendig wie die Geschichten selbst.
Website mit Geschichten vom Anhalter Bahnhof. Erinnerungen an freudvolle Abfahrten zu fernen Reisezielen, an das Wiederkommen in die Heimat, stehen neben Berichten von Flucht ins Ungewisse oder Deportation in den Tod. Der von Birthe Freymann konzipierte Onepager wirft Schlaglichter auf den Anhalter Bahnhof – einst Kristallisationspunkt einer wachsenden Metropole, heute Sportplatz.
Historische und zeitgenössische Bilder, Quellen und Erinnerungen verbinden sich zu einem vielschichtigen Blick, der die Tiefe des Ortes spürbar macht. Hier treffen Bewegung, Erinnerung und Stadtgeschichte aufeinander, wie ein leiser Nachhall zwischen den Gleisen, das noch heute durch die Stadt zieht.